13.04.2017

171 Jahre Evangelische Allianz

Eins in Christus - gemeinsam glauben, miteinander handeln

171 Jahre Evangelische Allianz

Vor 171 Jahren, vom 19. August bis 02. September 1846, trafen sich in London bei einer Weltkonferenz 921 leitende Christen aus 52 verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften. Sie kamen aus den Vereinigten Staaten, Kanada, England, Wales, Schottland, Irland, Frankreich, Schweiz, Holland, Deutschland und Skandinavien, und setzten mit dieser Konferenz einen Kontrapunkt zu den zunehmenden Kirchen- und Gemeindespaltungen. So wurde die Evangelische Allianz als das erste interkonfessionelle Einigungswerk gegründet. Die Weltweite Evangelische Allianz, der heute 129 nationale und sieben kontinentale Allianzen angehören, davon 36 in Europa als Mitglieder der Europäischen Evangelischen Allianz, ist auch die den neuzeitlichen ökumenischen Bewegungen vorausgegangene Einigungsbewegung, verfolgt aber auch heute weiterhin eigenständige Ziele. Im Einzelnen weisen wir auf Folgendes hin: 

1. Das Einigungswerk der Evangelischen Allianz war damals nur dadurch möglich, dass es von vielen christlichen Einzelpersönlichkeiten aus vielen Kirchen getragen wurde. Ziel war nicht die Schaffung neuer Organisations- und Kirchenstrukturen, sondern die Betonung der Gemeinschaft aller Christen, quer durch die verschiedenen Kirchen, Gruppen und Denominationen. Hinter diesen Einzelpersönlichkeiten sammelten sich viele Kräfte, die aus der Erweckungs- und Missionsbewegung stammten und ihre Gemeinsamkeit zugleich von ihrem gemeinsamen Auftrag zur Evangelisation der Welt her verstehen und die es dabei gelernt haben, miteinander als Brüder und Schwestern in Christus, trotz aller unterschiedlichen Meinungen, zu handeln und zu beten. 

2. Bei der Gründungskonferenz wurden zwei grundlegende Entscheidungen getroffen: Man einigte sich auf eine Glaubensbasis, die - sprachlich 1972 überarbeitet – bis heute Gültigkeit hat und die Grundlage der Zusammenarbeit ist. Im Wesentlichen enthält sie die grundlegenden Glaubenssätze des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Als praktisches Zeichen der Gemeinsamkeit wurde der Aufruf beschlossen, sich wöchentlich einmal und jährlich in der ersten Woche über die Konfessions- und Denominationsgrenzen hinweg zum gemeinsamen Gebet zu treffen. Hieraus ist die Allianzgebetswoche entstanden, die auch in Deutschland jedes Jahr Anfang Januar an etwa 1000 Orten durchgeführt wird, derzeit mit ca. 300.000 Teilnehmern. An vielen Orten gibt es darüber hinaus monatliche, an einigen auch wöchentliche Gebetstreffen. Mit unserem viermal jährlich erscheinenden Gebetsheft wollen wir diese Entwicklung von der Gebetswoche zur Gebetsbewegung fördern. 

3. Heute stellt sich die Evangelische Allianz weltweit zumeist auch als eine Organisation mit Mitgliedern (Kirchen, Werke, Gemeinden und Einzelpersonen) dar. Die Deutsche Evangelische Allianz hält aber nach wie vor an der ursprünglichen Absicht eines Christenbundes fest, beschränkt sich deshalb nach wie vor auf ein Mindestmaß an Organisation und versteht sich als Netzwerk der so genannten evangelikalen Bewegung mit ca. 1000 örtlichen Gruppen und ca. 350 überregional arbeitenden Werken und Verbänden.  

4. Als „unorganisierte“ Bewegung hat sich die Evangelische Allianz in Deutschland durch Glaubens- und Bibelkonferenzen ausgebreitet. Vom 09. bis 17. September 1857 fand in der Berliner Garnisonskirche mit fast 1000 Theologen aus der christlichen Welt und nahezu 300 Nicht-Theologen, unter der Schirmherrschaft von Friedrich Wilhelm IV, die erste internationale Tagung auf deutschem Boden statt.  

2017 sind es 131 Jahre, dass es die Bad Blankenburger Allianzkonferenz gibt, die man als die bedeutendste und älteste regelmäßig stattfindende Bibel- und Glaubenskonferenz in Deutschland bezeichnen darf. Sie wurde 1886 von Anna von Weling begründet, die im thüringischen Bad Blankenburg gleichzeitig ein diakonisches Zentrum (damals u. a. Waisenhaus) schuf. Schautafeln in der Konferenzhalle künden etwas von der bewegenden Gründungsgeschichte und den Entwicklungen. Anna von Weling hatte 1886 die „Villa Greifenstein“ (heute: Haus Liebe) privat erworben und dorthin zur ersten Konferenz in ihr Wohnzimmer eingeladen. Die ersten 27 Teilnehmer beschlossen die jährliche Fortsetzung. Die Beteiligung an der Konferenz wuchs sprunghaft an, so dass schon in den ersten 20 Jahren 4 neue Gebäude für die Veranstaltungen und für die Gäste gebaut wurden, zuletzt die noch heute im Betrieb befindliche Konferenzhalle, die unter der Leitung von Ernst Modersohn 1906 in einer Rekordbauzeit von 10 Wochen erstellt wurde und heute 1300 Personen Platz bietet. Eine weitere große Wachstumsphase hatte die Konferenz in den Nachkriegsjahren und dann in den Jahren der DDR-Herrschaft. In diesen Jahren war sie unter den jährlich stattfindenden kirchlichen Konferenzen in der DDR diejenige, mit den meisten Besuchern, mit zunehmender Beteiligung junger Leute (der Staatssicherheitsdienst verzeichnete für 1989 82 % junger Menschen unter 25 Jahren bei einer Teilnehmerzahl von 5000!).  

Zum Konferenzangebot der Deutschen Evangelischen Allianz gehört seit 2011 auch das jährlich in Willingen/Upland stattfindende GemeindeFerienFestival SPRING. Auch dieses wird von der Geschäftsstelle der Deutschen Evangelischen Allianz im Evangelischen Allianzhaus vorbereitet und findet jeweils in der Woche nach Ostern, mit in diesem Jahr 3.500Teilnehmern, statt (es fand seit 1998 jährlich - außer in den Jahren 2000 und 2002 - statt, damals in Trägerschaft eines eigenen Vereins mit starker Beteiligung der Evangelischen Allianz – den Vorsitz hat seit Gründung der Generalsekretär, Hartmut Steeb).  

Das Evangelische Allianzhaus in Bad Blankenburg ist heute nicht nur Austragungsort der Bibel- und Glaubenskonferenz, sondern umfasst fünf Gästehäuser, die das geistliche Schulungs- und Begegnungszentrum der Deutschen Evangelischen Allianz beherbergen. Nach Generalsanierung der Häuser „Friede“ 1992 und „Treue“ 1996, startete 2008 die umfangsreichste bauliche Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahme, in der auch bis dahin schon umfangreichen Baugeschichte, mit einem Gesamtvolumen von ca. 5 Millionen Euro. Diese beinhaltete die Generalsanierung der bis 2004 als Alten- und Pflegeheime genutzten Häuser „Liebe“ und Hoffnung“ und den Neubau des Haus „Glaube“.

Das Tagungszentrum ist weithin barrierefrei nutzbar und beinhaltet u.a. ein behindertengerechtes Tagungshaus mit 16 Betten und einem eigenen Konferenzraum. Insgesamt stehen für den ganzjährigen Tagungsbetrieb 100 Bettplätze zur Verfügung. Hinzu kommen Tagungsräume, eine Cafeteria, ein gottesdienstlicher Andachtsraum, eine Sauna. Das Zentrum steht allen Interessenten offen, auch für Fremdtagungen. Im Evangelischen Allianzhaus ist auch seit 12 Jahren die Geschäftsstelle der Deutschen Evangelischen Allianz beheimatet.  

5. Die Evangelische Allianz hat sich von Anfang an auch gesellschaftspolitischen Fragen zugewandt und dabei erstaunliche Ergebnisse erzielt, wie z. B. im Hinblick auf die Befreiung von Sklaven, der Einführung von Religionsfreiheit für evangelisch-freikirchliche Christen und auch für Juden und im Hinblick auf vielfältige andere Menschenrechtsfragen (schon im vorletzten Jahrhundert gegen Kinderverlobungen in Indien, gegen Opiumhandel in China u.v.a.m. ). In diesem Zusammenhang wurden in den letzten Jahren sowohl grundlegende Schriften als auch zur Verteilung gedachte leicht lesbare Faltblätter zu gesellschaftlich relevanten Fragen erarbeitet, wie die Grundlagenschrift zur gesellschaftlichen Verantwortung „Sucht der Stadt Bestes“, Schriften zum Thema Arbeitslosigkeit, zur Würde des Menschen, Familienpolitik, Manifest zum Umgang mit behinderten Menschen, zum Themenbereich Islam und zur weltweiten Armutsbekämpfung. Angesichts der Flüchtlingsströme und damit einem starken Wachstum der Bevölkerungsanteile der Menschen mit Migrationshintergrund haben wir die Arbeit im Bereich Migration und Integration verstärkt. Wir bieten neben Schulungen und regionalen Konferenzen insbesondere Arbeitshilfen an, unter den Titeln „Flüchtlinge willkommen heißen“ (jetzt in der 9. Auflage erschienen, insgesamt 90.000 Exemplare), „Habt die Fremden lieb“ und zum Miteinander fremdsprachiger christlichen Gemeinden mit einheimischen eine Broschüre mit dem Titel „Gemeinsam Gott loben“. Seit 1. Juli 2006 haben wir einen hauptamtlichen Referenten für Migration und Integration, Herbert Putz. Seit 2014 haben wir einen vollzeitlichen Mitarbeiter als Beauftragten beim Deutschen Bundestag und am Sitz der Bundesregierung. Nachdem Wolfgang Baake in den Ruhestand getreten ist, hat am 1. Oktober 2016 Uwe Heimowski, seine Nachfolge übernommen.

6. Die Evangelische Allianz in Deutschland versteht sich heute als:  

aBewegung der Einheit (Johannes 17, 21 ff.) auch im Sinne eines Netzwerkes von evangelikalen Christen. Wir betonen was Christen eint, auch wenn sie in verschiedenen „Glaubensherbergen“ zu Hause sind. Das Gemeinsame des christlichen Glaubens ist uns wichtiger als die Betonung einzelner Lehrunterschiede. 

bGebetsbewegung
Zu Beginn eines jeden Jahres findet die Allianzgebetswoche in derzeit ca.1000 Orten mit täglichen Gebetsveranstaltungen statt, in der Christen aus den unterschiedlichen Denominationen zusammenkommen; wir gehen von einer Gesamtteilnehmerzahl von ca. 300.000 Menschen aus. 
Seit dem Jahr 2000 geben wir das „Monatliche Allianzgebet“ heraus, mit Anregungen für einmal monatlich stattfindende Gebetstreffen unter bestimmten Themen. http://www.ead.de/gebet/monatliches-allianzgebet/aktuelle-themen.html
Eine weitere Gebetsaktion ist das Anfang Juli während des islamischen Fastenmonat Ramadan durchgeführte „30 Tage Gebet für die islamische Welt“ mit Informationen und Gebetsbitten. 
Schließlich kommt auch der jährliche „Gebetstag für die verfolgten Christen“ hinzu, der in diesem Jahr am 13. November stattfindet. Freilich: Im Blick auf die bedrängende Situation verfolgter Christen sind wir längst dazu übergegangen, täglich neue Informationen und Gebetsbitten auf unserer Homepage zu veröffentlichen, weil die Not viel zu groß ist, um sie auf einen Sonntag des Gebets im Jahr zu reduzieren.  

c) Evangelisationsbewegung: Die Deutsche Evangelische Allianz war Mitträger der großen Billy Graham Evangelisationen in den 50er und 60er Jahren und Mitinitiator von ProChrist, Christival, den Willow Creek Kongressen in Deutschland usw. Sie war zusammen mit dem CVJM Gesamtverband in Deutschland und dem Internationalen Hilfswerk World Vision Träger des „Pavillon der Hoffnung“, dem als Wahrzeichen der EXPO 2000 in Hannover bekannt gewordenen Wal. Seit 2006 gewannen die mit von der Deutschen Evangelischen Allianz initiierte diakonisch-missionarischen Aktionen kickoff während der Fußballwelt- und den Europameisterschaften besondere Bedeutung. Wir sind Mitträger der „Koalition für Evangelisation“ in unserem Land, gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste in der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Generalsekretär amtiert seit Herbst 2011 auch als einer der Vorsitzenden dieser Koalition. In diesem Jahr hat die Koalition den missionarischen Gemeindekongress „Dynamissio“ vom 23.-25. März mit ca. 2300 Teilnehmern veranstaltet, ganz bewusst im Kontext des Jahres des Reformationsgedenkens 2017. 

d) Bibel- und Konferenzbewegung
Ziel solcher Konferenzen ist neben der persönlichen Erbauung und Ermutigung zum Glauben an Jesus Christus, klare Orientierungen zu heute in der Gesellschaft und auch in den Kirchen diskutierten Fragen zu geben. Für Fragen der persönlichen Lebensführungen steht ein umfangreiches Beratungs- und Seelsorgenetz zur Verfügung.  

e) Gesellschaftlich relevante Bewegung 
Die Deutsche Evangelische Allianz hat einen eigenständigen Arbeitskreis Politik, der die gesellschaftlichen Fragen in unserem Land beobachtet und bedenkt und Stellungnahmen zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen erarbeitet. Eigenständige Arbeitskreise mühen sich in um eigene Themenbereiche besonders:

  • Migration und Integration
  • Islam
  • Religionsfreiheit – Menschenrechte – Verfolgte Christen
  • Kinder in Kirche und Gesellschaft
  • PerspektivForum Behinderung
  • Soldaten.  

7. Literaturhinweise:

1. „Der Weg der Evangelischen Allianz in Deutschland“ von Erich Beyreuther, erschienen im Brockhaus-Verlag, 1969 (vergriffen)

2. „Aufbruch der Evangelikalen“ von Dr. Fritz Laubach, erschienen im Brockhaus-Verlag, 1972 (vergriffen)

3. „Einheit auf Evangelische Grundlage“ von Hans Hauzenberger, erschienen bei TVG-Brunnen, 1985 (vergriffen)

4. „Was Evangelikale glauben“, erschienen im Brockhaus-Verlag, 1989 (vergriffen)

5. „Die Evangelische Allianz als ökumenische Bewegung“ von Karl-Heinz Voigt, erschienen im Christlichen Verlagshaus, 1990 (vergriffen)

6. „Zwischenbilanz - Evangelikale unterwegs zum Jahr 2000“, herausgegeben von der Deutschen Evangelischen Allianz, 1991 (vergriffen)

7. „Stimmen aus Bad Blankenburg“, erschienen im  Brendow-Verlag, 1991 (vergriffen)

8. „Die deutsche Evangelikale Bewegung“, Verlag Peter Lang, 1992

9. „Einheit in der Vielfalt“, herausgegeben von Werner Beyer, erschienen im Brockhaus-Verlag, 1995 (vergriffen)

10. „Eins – wie wir als Christen glaubwürdig werden“, erschienen im Brockhaus-Verlag, 2004 (vergriffen)

11. „Eins – CD“ mit Informationen rund um die Evangelische Allianz – im Selbstverlag, 2004 (vergriffen)

12. „Für Frömmigkeit in Freiheit“, Habilitationsschrift von Gerhard Lindemann über die Anfangsjahre der Evangelischen Allianzbewegung von 1846-1879, erschienen im  LIT Verlag, Berlin, 2011.

13. „Die Evangelikalen – wie sie wirklich sind“, erschienen im Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2011.

14. „Wie sich der Regenbogen spannt – Anna von Weling, Gründerin des Allianzhauses, erschienen im Brunnen-Verlag, 2013 

15. "An der Seite der Soldaten" - der seelsorgerlich-missionarische Dienst (18864-2011), von Klaus-Dieter Zunke, erschienen im LIT-Verlag 2017

 13. April 2017 

Hartmut Steeb
(Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz
und Geschäftsführer des Evangelischen Allianzhauses)